Bereits im Februar 2014 teilte mir mein Vater mit, dass ich mir im Herbst bitte nichts vornehmen sollte. Er, seit mehr als 30 Jahren Liverpoolfan, wollte endlich mal ein Spiel seiner Mannschaft live sehen. Und ich durfte mit, weil er kein Englisch spricht, wie praktisch 😀
Einmal die Reds live sehen, einmal im legendären Anfield Stadium stehen und „You’ll never walk alone“ singen. Steven Gerrard noch einmal vorm Ruhestand in Action sehen.
Das war der Traum. Doch der Weg war gepflastert mit ein paar Verständigungsschwierigkeiten. Warum und ob sich eine Reise nach Liverpool lohnt, lest ihr hier.
Hungrig in Liverpool
Ende Oktober wurde dieser Traum dann endlich war. Von Berlin Schönefeld ging es zu viert mit Easyjet ab nach Liverpool. Raus aus dem grauen Deutschland, zum wunderschönen Sonnenuntergang in England.
Da ich mit der gesamten Buchung nichts zu tun hatte, ließ ich mich einfach überraschen. Mit einem der Taxis, die man im Bild sieht, ging es zum Hotel. Dies befand sich am östlichen Rand von Liverpool. Nachdem wir die Zimmer bezogen hatten, überlegten wir, was es zum Abendessen geben sollte. Google Maps war leider nicht sehr ergiebig, es war einfach nichts in der Nähe. Kein Supermarkt, kein Restaurant, nichts. Letztlich entschieden wir uns für einen Fußmarsch zum goldenen M. Schon leicht genervt und ziemlich hungrig kamen wir dort nach einer halben Stunde an. Eine Freundin hatte mich vor dem schrecklichen Liverpoolenglisch gewarnt, doch ich wollte ihr nicht glauben. Tatsächlich verständigte man sich mit Händen und Füßen. Ich wurde mehrfach gefragt, wo wir sitzen wollen, hab aber darauf bestanden stehen zu bleiben und das Essen wie in Deutschland selbst mitzunehmen. Willkommen in Liverpool.
Tag 2: Kind of… Sightseeing
Am nächsten Morgen erwartete uns das typische englische Frühstück. Aber auch ein paar Toastscheiben, Marmelade und Cornflakes gab es für uns Touris. Der Kaffee war laut Papa sehr wässrig, aber da musste er durch. Anschließend machten wir uns mit dem Bus auf den Weg in die Innenstadt. Die Bushaltestelle war zum Glück auf der anderen Straßenseite. Ich bestellte für uns (3 Erwachsene, 1 Jugendlicher) eine Gruppenkarte beim Fahrer, erhielt ein Familienticket und war zufrieden. Es konnte endlich los gehen. Nach etwa 25 Minuten Fahrt waren wir am Queensquare angekommen.
Da das Spiel erst um 16 Uhr angepfiffen wurde, war noch Zeit fürs Sightseeing. Vorbei an der Shoppingmeile liefen wir hinunter zum Albert Dock und sahen uns dort um. Meiner Meinung nach, waren das einzig wirklich spektakuläre die „Three Graces„, die von einer Zeit zeugen, als Liverpool eine wichtige Handels- und Hafenmetropole war.
Uns zog es nach einem kurzen Rundgang, auch dank des kalten Windes, wieder in Richtung der Shoppingmeile. Der Liverpool Superstore wollte geplündert werden. Wir schauten uns erstmal nur um und planten gegebenenfalls Montag vor dem Rückflug nochmal wieder zu kommen.
Endlich: ANFIELD – der Traum wird wahr
Der Freund, der die Reise gebucht hatte, hatte wenige Tage vor unserer Reise ein kostenloses Upgrade für uns alle bekommen. So waren wir vor dem Spiel im Hilton Hotel zu einem Essen mit Show eingeladen. Dort holten wir uns unser Armband ab und wurden zu einem der freien Tische geführt. Reds Legende John Aldridge erzählte während des Essens von seiner Zeit beim LFC. Leider hat mein Vater nicht viel davon verstanden und es wurde zu viel erzählt, um parallel zum Essen zu übersetzen 🙁 Als Vorspeise gab es Tomate-Mozarella Salat, so gar nicht meins. An das Hauptgericht kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich weiß, dass ich auch nicht sonderlich viel davon gegessen habe, dafür gab zum Nachtisch kleine Schokotörtchen mit Himbeeren, die waren leeeeeecker. Vor dem Essen wurde uns gesagt, dass im Anschluss „Coaches“ vor dem Hotel warten würden, ich dachte da eine Art Reiseführer, denn Trainer waren doch etwas unwahrscheinlich. Als wir den anderen Menschen hinterher liefen und in die wartenden Busse stiegen, stellte ich fest, dass diese wohl auch Coaches heißen. Wer soll das denn wissen? 😀
Wir wurden am Stanley Park, der die beiden Stadien trennt abgesetzt. Ob die Reds und die Toffees (Everton) sich da regelmäßig zum auslaufen treffen? Am Stadion angekommen kam gerade der Mannschaftsbus und quetschte sich durch die Menschenmenge. Es war schon ziemlich voll, dafür dass es erst kurz nach 14 Uhr war. Vor lauter Menschen war es kaum möglich Fotos zu machen. Dummerweise sind wir am Sonntag nicht auf die Idee gekommen nochmal zum Stadion zu fahren.
Es gab, anders als in deutschen Stadien, ganz viele kleine Eingänge. Auf der Karte stand zu welchem Eingang man musste. Nach der obligatorischen Kontrolle lief man die Treppen nach oben und kam in einen toll gestalteten Innenbereich. Legendäre Spiele und andere Sachen waren an den Wänden verewigt. Ausgestattet mit Getränken machten wir uns auf die Suche nach unseren Plätzen. Wir saßen gegenüber der Kop, leider ganz oben, so dass man immer ein Stück Dach mit im Blick hatte. Das sind wahrscheinlich die typischen Plätze für so eine Fußballreise, aber anders kommt man ohen Mitgliedsausweis nur sehr schwer an Karten.
Als die ersten Spieler zur Erwärmung den Rasen betraten war ich verwundert. Jetzt schon? Es waren doch noch fast zwei Stunden bis zum Spiel. Dachte ich, bis ich einen Blick auf die Kicker App warf und mir die Zeitumstellung einfiel. Da war ja was ?
Als die Mannschaften einliefen und das ganze Stadion „You’ll never walk alone“ sang, da hatte ich Gänsehaut. Darauf hatte man die Ganze Zeit gewartet, deshalb haben wir die Reise angetreten und in dem Moment hatte es sich absolut gelohnt. Danach war es mit der tollen Stimmung allerdings vorbei. Vielleicht hat man von der Kop noch ein anderes Gefühl, aber außer ab und an ein paar „Liverpoooool“ – Rufen war da nicht viel. Überhaupt nicht vergleichbar mit deutschen Stadien, in denen 90 Minuten durchgesungen wird. Aber ich habe schon mehrfach gehört, dass die Premier League stimmungstechnisch nicht so toll ist. Nun habe ich es selbst erlebt. Das kann zum einen an den fehlenden Stehplätzen liegen, in meinen Augen gibt es keine bessere Plätze, die Engländer glauben damit für mehr Sicherheit zu sorgen, wollen Katastrophen verhindern. Vielleicht sollten sie mal bei der Südtribüne Dortmund nachfragen. Zum anderen kann es aber auch am Gegner und dem eher mauen Spiel gelegen haben. Folgerichtig endete die Partie 0:0. Schade, wir hätten gerne ein paar Tore gesehen und die Stimmung danach erlebt. ⚽
Nach dem Spiel statteten wir dem Stadionfanshop einen Besuch ab, doch der war eindeutig viel zu voll. Der eigentliche Plan sich in einen Pub zu setzten war auch schnell hinfällig, vor allem die in Stadionnähe waren viel zu voll. Also beschlossen wir einen Bus zu suchen, der entweder zum Hotel oder zum Queens Square fährt. Vielleicht stellten wir uns einfach zu doof an, aber wir fanden selbst mit Google Maps keine Lösung und kaum Haltestellen, wenn dann fuhr dort der falsche Bus. Das konnte doch nicht wahr sein? ?Also sind wir insgesamt etwa eine Stunde zum Stadtzentrum gelaufen. Die Stimmung war dementsprechend, wir waren hungrig und geschafft. Ein kleiner Snack zum Abendessen und dann stiegen wir in den nächsten Bus zum Hotel. Wieder wollte ich ein Familienticket und zeigte auf unsere Gruppe. Doch der Fahrer lehnte ab. Familie heißt 2 Kinder, 2 Erwachsene. Nachvollziehbar, aber da stellt sich die Frage: Wer war vorher das zweite Kind?
Tag 3: Superlambananas
Am Sonntag machten wir uns erneut auf den Weg in die Innenstadt und wunderten uns, warum Leute vor Primark warten. Schließlich sind in Deutschland am Sonntag alle normalen Geschäfte geschlossen. Nicht so in England. Die Shoppingmeile erwachte um 11 Uhr zum Leben. Uns zog es erstmal ins Museum of Liverpool, vor dem diese lustigen Tiere namens „Superlambanana“ stehen. Das Original wurde 1998, im Rahmen des Versuches mehr Kunst nach Liverpool zu bringen, erschaffen. Die Tiere vereinen dabei Lamm und Bananen, die Güter die früher im Hafen der Stadt verschickt wurden. Die restlichen Superlampbananas zogen zwischen 2008 und 2010 in die Stadt.
Der Eintritt im Museum war kostenlos und dafür lohnt sich ein Besuch. Man erfuhr auch einiges über die beiden Fußballvereine der Stadt und ihre Hassliebe. Doch irgendwann waren wir durch und einen kurzen Kaffee/Kakao in der Cafeteria später, machten uns auf die Suche nach der Kathedrale. Eigentlich wollten wir noch einen Abstecher zum Beatles Museum machen, aber wir haben nur den Fanshop gefunden. Das eigentliche Museum ist ein Stück weiter am Albert Dock.
Erst standen wir an einer anderen Kirche, doch nur ein Stück weiter fanden wir das gesuchte Stück. In der Kathedrale übte gerade ein Chor, also verzog ich mich anstatt Fotos zu schießen in den Souvenirladen, der sich an der Seite befand. Wir überlegten kurz trotz des trüben Wetters mit dem vorhandenen Fahrstuhl nach oben zu fahren. Aber 5 Pfund Gebühr waren uns dann doch zu viel. Bei schönem Wetter lohnt sich der Aufwand sicherlich, da man mit dem Fahrstuhl fast bis ganz nach oben auf die Kathedrale fahren kann und einen schönen Blick über die Stadt hat.
Irgendwann weiß ich das mit der Zeit, irgendwann…
Außerdem schlich sich langsam der Hunger an. Auf dem Weg zurück Richtung Queenssquare diskutierten wir, was es zu Essen geben sollte. Da wir uns nicht einigen konnten und außer Pizza und Co nichts verlockendes auf dem Weg lag, landeten wir bei Burger King. Diesen verließen wir um kurz nach 3 Uhr, um uns nun auf die Suche nach einer Bar zu begeben, die Fußballspiele zeigt. Manchester United sollte um 16 Uhr gegen Chelsea spielen. Wir überquerten gerade die Straße, als man durch die Fenster eines Gebäudes genau gegenüber Fernseher sehen konnte und zwei Mannschaften, die in ein Stadion einliefen. Verdammt die Zeitverschiebung! Schon wieder… ? Also gingen wir in die Bar – das „Yates“, die wir nun zum Glück schneller als gedacht gefunden hatten. Wir fanden auch sogleich einen Tisch in der Nähe eines Fernsehers. Doch es kam und kam kein Kellner um nach unseren Wünschen zu fragen. Ich beobachtete die anderen Menschen, die zum Tresen gingen und sich ihre Sachen holten. Also tat ich es ihnen gleich und bestellte für uns Getränke. Ich & Schmelle empfehlen das Himbeerbier, sehr lecker! Das Spiel endete übrigens 1:1.
Nachdem wir uns ausgeruht hatten, beschlossen wir unser restliches Geld im Liverpool zu lassen. Eine neue Jacke, ein Trikot, ein Liverbirdkuscheltier (Mighty Red) und unser neuer Entenfreund Steve durften mit zurück nach Deutschland.
Am Montag ging es für uns wieder in die Heimat, natürlich stilecht mit 1 1/2h Verspätung. Die Raucher haben sich gefreut… Bleibt nur noch die Frage:
Lohnt sich die Reise nach Liverpool?
Nur fürs Sightseeing würde ich nicht extra nach Liverpool fahren. Dafür finde ich die Stadt nicht schön genug, aber so ein Fußballwochenende, das würde mich nochmal reizen. Vielleicht ein Derby? Aber da kommt man noch schlechter an Karten, als sonst schon. Oder Samstags Anfield und Sonntag Goodison Park? Mein Vater möchte 2017 nochmal fliegen, wenn der Umbau des Stadions abgeschlossen ist. Ich bin gespannt. Fast wäre ich im Februar diesen Jahres erneut an die Anfield Road gefahren, meine Augsburger bekamen es in der Europa League mit dem LFC zu tun, jedoch war ich leider nur in Augsburg beim Heimspiel, da die Auswärtstickets unter den Mitgliedern per Losverfahren verteilt wurden. Diesmal hatte ich kein Glück 🙁
Das Hotel
Wir haben im „Holiday Inn Liverpool Knowsley“ übernachtet. Wie bereits erwähnt, lag es etwas außerhalb des Stadtzentrums, aber die Busverbindung war gut. Essen sollte man allerdings unbedingt entweder unterwegs, etwas mitnehmen oder was bestellen… Das Bett war bequem und das Bad sauber, vom Frühstück sollte man nicht zu viel erwarten. Der Preis ist aufgrund der Lage nur etwa halb so hoch, wie für das Holiday Inn City Centre, aber für meinen Geschmack trotzdem ziemlich teuer.
Lage: ⭐
Preis/Leitung: ⭐⭐
Sauberkeit: ⭐⭐⭐⭐
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